Eltern und Jugendliche haben hierbei - wie sollte es auch anders sein - sehr unterschiedliche Vorstellungen.
"Im Laufe der Beratung zeigt sich jedoch häufig, dass weniger die Abstimmung und Einhaltung von Regeln problematisch sind, sondern der Streit fußt zum einen auf der Komplexität digitaler Inhalte und zum anderen auf der mangelnden elterlich-digitalen Kompetenz", erklärt Dr. Stephan Rietmann, Leiter der Psychologischen Beratungsstelle des Caritasverbandes. Häufig kämen Eltern dann zu der Erkenntnis, dass eine wachsende digitale Unübersichtlichkeit und Unkontrollierbarkeit im zunehmenden Gegensatz zum elterlichen Kontrollbedürfnis steht, so Rietmann. "Hilfreich sind dann vielfach die Reflexion des eigenen, vermeintlich naiven Nutzungsverhaltens, die problemorientierte Aufklärung und das Schaffen eines vertrauensvollen, 'digitalen Gesprächsklimas' mit der Tochter oder dem Sohn."
Von links: Maik Sawatzki, Prof. Dr. Mathias Berg, Dr. Stephan Rietmann
Mit seinen beiden Kollegen, Maik Sawatzki und Mathias Berg - alle tätig in der Beratungsarbeit bei Caritasverbänden in Nordrhein-Westfalen, Mathias Berg mittlerweile auch als Lehrender an der Katholischen Hochschule NRW - hat Dr. Stephan Rietmann nun eine neue Fachpublikation herausgegeben. Sie befasst sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Soziale Arbeit der Wohlfahrtsverbände, insbesondere in der Beratungsarbeit. Anhand von wissenschaftlich fundierten Aufsätzen und Projektbeschreibungen aus der Praxis wird der/dem fachlich interessierten Leserin/Leser und Praktikerin/Praktiker im Feld der Sozialen Arbeit das Querschnittsthema der Digitalisierung erschlossen.
Drei Fragen an Dr. Stephan Rietmann
Worum geht es in dem Buch?
Die Caritaskampagne 2019 lautet "Sozial braucht Digital". Der Sammelband "Beratung und Digitalisierung. Zwischen Euphorie und Skepsis" konkretisiert dieses Thema für die psychologische und psychosoziale Beratung. Behandelt werden die tiefgreifenden Auswirkungen der Digitalisierung auf unser soziales Miteinander, unser Selbstbild und unsere Alltagskultur. Das Buch richtet sich primär an Fachleute und beinhaltet grundständige, wissenschaftliche Aufsätze ebenso wie Beschreibungen von Praxisprojekten, die sich digital positioniert und profiliert haben.
Wie können die Themen des Sammelbandes die praktische Beratungsarbeit in Wohlfahrtsverbänden inspirieren?
Der Band beinhaltet unter anderem Darstellungen aktueller Projekte aus der Beratungsarbeit der Caritasverbände, deren Schwerpunkt der digitale Wandel ist. Er ermöglicht damit ein Lernen voneinander und will Vernetzung unter den Beratungsstellen fördern. Zudem versteht sich der Band auch als eine umfassende Information über das vergleichsweise noch neue Thema, nämlich der Qualifizierung und Verortung der Digitalisierung in der Beratungsarbeit der Verbände. Zielsetzung ist es, eine kritisch informierte Fachöffentlichkeit zu unterstützen, um Chancen der Digitalisierung zu nutzen und Risiken zu erkennen.
Wie können Klientinnen und Klienten von der digital qualifizierten Beratungsarbeit profitieren?
Anspruch an die wirksame Beratung der Caritasverbände ist es, hilfreiche Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Eltern anzubieten. Daher sind in dem Band beispielsweise Beiträge enthalten, die nützliche Projekte und Apps für diese Zielgruppen vorstellen und die Mediennutzung entwicklungspsychologisch fundiert thematisieren. Zudem wird Fachkräften die zunehmende Bedeutung von Digitalisierung in den Beratungsanliegen von Kindern, Jugendlichen und Eltern erschlossen und ein lösungsorientierter und kluger Umgang damit vorgestellt.